Feng Shui

Feng Shui ist kei­ne iso­lier­te Me­tho­den­leh­re, son­dern – ähn­lich wie zum Bei­spiel die Aku­punk­tur – Be­stand­teil der Tra­di­tio­nel­len Chi­ne­si­schen Me­di­zin (TCM). Wäh­rend bei der Aku­punk­tur Chi-Un­gleich­ge­wich­te un­mit­tel­bar im und am Kör­per des Men­schen auf­ge­spürt und har­mo­ni­siert wer­den, so ge­schieht dies mit Hil­fe von Feng Shui in ver­gleich­ba­rer Wei­se in un­se­ren Wohn- und Le­bens­räu­men, der „drit­ten mensch­li­chen Haut“. Ziel ist es da­bei, ne­ga­ti­ve Ein­flüs­se auf un­se­re un­ter­be­wuss­te Wahr­neh­mung zu mi­ni­mie­ren und po­si­ti­ve Ein­flüs­se zu stär­ken.

Entstehung und Entwicklung

Feng Shui stammt aus Chi­na. Sei­ne Ur­sprün­ge rei­chen 3000 Jah­re und län­ger in die chi­ne­si­sche Kul­tur­ge­schich­te zu­rück. Be­reits das I Ging (auch „Yi Jing“), das um 771 v. Chr. ent­stand und wel­ches als das äl­tes­te Buch der Welt gilt, ent­hält we­sent­li­che Grund­zü­ge ei­ner na­tur­phi­lo­so­phi­schen Leh­re, die spä­ter in das Feng Shui ein­ge­flos­sen ist.
Über die ge­nau­en Um­stän­de der Ent­ste­hung von Feng Shui ist we­nig be­kannt. Wis­sen­schaft­ler se­hen ers­te An­wen­dun­gen Feng-Shui-ähn­li­cher Prak­ti­ken im frü­hen Ah­nen­kult. Da man in Chi­na glaub­te, dass die See­len der Ver­stor­be­nen auch über den Tot hin­aus mit den Nach­kom­men in Ver­bin­dung ste­hen, war das Be­stre­ben groß, mög­lichst op­ti­ma­le ört­li­che Ge­ge­ben­hei­ten für die Be­stat­tung der To­ten zu fin­den. Gu­tes Feng Shui soll­te da­für sor­gen, dass die po­si­ti­ven En­er­gien der Ah­nen das ir­di­sche Glück der Nach­kom­men meh­re.
Spä­ter wur­de Feng Shui auch da­für ver­wen­det, um gute Bö­den für eine si­che­re Ern­te zu fin­den. Gleich­zei­tig woll­te man Sied­lun­gen, Häu­ser und Pa­läs­te ge­gen Wit­te­rungs­ein­flüs­se, Flu­ten und an­de­re Na­tur­ka­ta­stro­phen schüt­zen und ent­wi­ckel­ten im­mer aus­ge­feil­te­re Feng Shui Me­tho­den bis hin zu ei­ner Vor­form ei­nes ar­chi­tek­to­ni­schen Re­gel­werks.
Eine die­ser auch heu­te noch sehr be­lieb­ten Me­tho­den ist das „Ba­Gua Feng Shui“. Es geht auf Zhu­ge Liang (181-234 n. Chr.) zu­rück, den „Leo­nar­do da Vin­ci des Fer­nen Os­tens“ – ein Uni­ver­sal­ge­lehr­ter, Er­fin­der und be­deu­ten­der Mi­li­tär­stra­te­ge. Das Ba­Gua (chin. „acht Tri­gram­me“) wur­de von Zhu­ge zur Zeit der drei Kö­nig­rei­che als mi­li­tä­ri­sche Ver­tei­di­gungs­stra­te­gie ein­ge­setzt. Es stell­te also ur­sprüng­lich eine Schlacht­ord­nung bzw. ein Ar­ran­ge­ment mi­li­tä­ri­scher Ein­hei­ten dar. Spä­ter wur­den die­se Trup­pen­an­ord­nun­gen auch auf be­fes­tig­te Ver­tei­di­gungs­an­la­gen und mensch­li­che Sied­lun­gen über­tra­gen.

Zur wah­ren Blü­te ge­lang­te Feng Shui je­doch erst zur Zeit der Tang-Dy­nas­tie vor rund 1000 Jah­ren. Auf­grund der schon da­mals be­acht­li­chen Grö­ße des chi­ne­si­schen Kai­ser­reichs kann man je­doch nicht von ei­ner ein­heit­li­chen Leh­re spre­chen, son­dern es bil­de­ten sich re­gio­na­le Schu­len, die sich je­weils auf un­ter­schied­li­che Aspek­te von Wohn- und Le­bens­räu­men kon­zen­trier­ten. Hin­zu ka­men viel­fäl­ti­ge phi­lo­so­phi­sche und re­li­giö­se Ein­flüs­se mit un­ter­schied­li­cher re­gio­na­ler Aus­prä­gung, die haupt­säch­lich auf Kon­fu­zi­us, Lao­tse (den Be­grün­der des Dao­is­mus) und den Re­li­gi­ons­stif­ter Bud­dha zu­rück­ge­hen.
Auch heu­te noch ist die als „Klas­si­sches Feng Shui“ be­zeich­ne­te Me­tho­den­leh­re al­les an­de­re als ein ein­heit­li­cher Re­gel­ka­non. 60 Jah­re Kom­mu­nis­mus in Chi­na, in de­nen das Prak­ti­zie­ren von Feng Shui of­fi­zi­ell ver­bo­ten war, ha­ben ihr Üb­ri­ges ge­tan, um die ur­sprüng­li­chen Tra­di­tio­nen wei­ter zu ver­wäs­sern. Die re­nom­mier­tes­ten „Feng Shui Meis­ter“ sind heut­zu­ta­ge fast aus­nahms­los Exil­chi­ne­sen, die in Hong­kong, Aus­tra­li­en, Ma­lay­sia oder den USA le­ben und die ba­sie­rend auf un­ter­schied­li­chen tra­di­tio­nel­len Strö­mun­gen des Feng Shui wie­der­um ei­ge­ne Schu­len und Aus­bil­dungs­in­sti­tu­te ge­grün­det ha­ben.
Die wich­tigs­ten die­ser Strö­mun­gen fol­gen ent­we­der der For­men­schu­le (Luan Tou) oder der Kom­pass­schu­le (Li Qi Pai), auch „For­mel­schu­le“ ge­nannt. Die For­men­schu­le be­trach­tet vor al­lem Land­schafts­for­ma­tio­nen und hilft da­bei, ei­nen op­ti­ma­len Bau­platz oder ge­ne­rell „ei­nen Ort zum Le­ben“ zu fin­den. Im Ge­gen­satz dazu be­schäf­tigt sich die Kom­pass­schu­le mit den qua­li­ta­ti­ven Ei­gen­schaf­ten von Him­mels­rich­tun­gen. Der Feng Shui Kom­pass (Lo Pan) ist hier not­wen­di­ges Hilfs­mit­tel bei ei­ner Feng Shui Ana­ly­se, die meist auf Ba­sis des Grund­ris­ses ei­ner Woh­nung oder ei­nes Hau­ses vor­ge­nom­men wird.
Bei al­len Un­ter­schie­den zwi­schen den ein­zel­nen Strö­mun­gen gibt es auch grund­le­gen­de Prin­zi­pi­en, die alle Feng Shui Schu­len ge­mein­sam ha­ben. Dazu ge­hö­ren bei­spiels­wei­se das Yin-Yang-Prin­zip und die Leh­re von den Fünf Ele­men­ten, mit der fünf un­ter­schied­li­che Zu­stän­de des Chi be­schrie­ben wer­den. Die­se Zu­stän­de sind da­bei nicht sta­tisch, son­dern ge­hen in­ein­an­der über be­zie­hungs­wei­se fol­gen zy­klisch auf­ein­an­der. Dar­ge­stellt wer­den sie da­her als Teil ei­nes Krei­ses, in dem sie stän­dig in Be­we­gung sind und sich da­bei ge­gen­sei­tig be­ein­flus­sen.

Fünf Elemente des Feng Shui

Alle fünf Ele­men­te ha­ben be­stimm­te Qua­li­tä­ten und wer­den un­ter an­de­rem durch Ge­gen­stän­de, Far­ben, For­men und so­gar durch mensch­li­che Or­ga­ne sym­bo­li­siert. Das Ele­ment Was­ser ist zum Bei­spiel da­durch cha­rak­te­ri­siert, dass es stän­dig im Fluss ist. Als Sym­bo­le gel­ten die Far­ben Schwarz und Blau, wel­len­för­mi­ge Ober­flä­chen, eben­so na­tür­lich Brun­nen, Aqua­ri­en, das Ba­de­zim­mer und das Ohr als mensch­li­ches Sin­nes­or­gan. Holz ist da­ge­gen als nach oben stre­bend und durch die Far­be Grün ge­kenn­zeich­net. Sym­bo­li­siert wird es durch Pflan­zen oder Bäu­me eben­so wie durch Pfei­ler und Säu­len. Als Sin­nes­or­gan ist das Ele­ment Holz dem Auge zu­ge­ord­net.

Als strah­lend und sich aus­brei­tend gilt das Feu­er, für das die Far­ben Rot, Oran­ge und Vio­lett ste­hen. Es fin­det sich in spit­zen oder drei­ecki­gen For­men wie­der, zu­dem na­tür­lich in Lam­pen, bren­nen­den Ker­zen oder ei­nem Ka­min. Der Mund wird eben­falls durch das Ele­ment Feu­er sym­bo­li­siert. Das vier­te Ele­ment ist Erde, sta­bil und sich nach in­nen zie­hend. Far­ben wie Gelb, Braun oder Beige ste­hen eben­so stell­ver­tre­tend für Erde wie schwe­re Mö­bel oder Ge­gen­stän­de aus Ton und Por­zel­lan. Als Sin­nes­or­gan wird die Zun­ge dem Ele­ment Erde zu­ge­ord­net. Ver­voll­stän­digt wird der Kreis der Fünf Ele­men­te von Me­tall. Es gilt als fort­schrei­tend und nach in­nen drin­gend und wird sym­bo­li­siert durch die Far­ben Weiß, Grau, Sil­ber und Gold. Run­de Ge­gen­stän­de so­wie Wind­spie­le oder Spi­ra­len sind ty­pisch für Me­tall. Die Nase ist das dem Ele­ment zu­ge­ord­ne­te Sin­nes­or­gan.
Mehr dazu auch un­ter: Feng Shui Far­ben

Bedeutung im täglichen Leben

Bei der An­wen­dung von Feng Shui geht es vor al­lem dar­um, die Wech­sel­wir­kun­gen der ver­schie­de­nen Ele­men­te un­ter­ein­an­der zu deu­ten. So soll die phy­si­sche Um­ge­bung po­si­tiv be­ein­flusst wer­den. Feng Shui-Prak­ti­ker ana­ly­sie­ren also, ob sich die Fünf Ele­men­te in ei­ner Ba­lan­ce be­fin­den oder ob sie aus dem Gleich­ge­wicht ge­ra­ten sind. Ist das der Fall, sind ent­spre­chen­de Kor­rek­tu­ren nö­tig.
Vor al­lem in Chi­na so­wie dar­über hin­aus im ge­sam­ten ost­asia­ti­schen Raum ist Feng Shui bis heu­te ein wich­ti­ger Be­stand­teil des All­tags. Bei der Su­che nach ei­nem ge­eig­ne­ten Stand­ort so­wie bei der Ein­rich­tung und Nut­zung von Ge­schäf­ten, Bü­ros oder Pri­vat­räu­men wer­den Feng Shui-Meis­ter häu­fig ganz selbst­ver­ständ­lich kon­sul­tiert. Vie­le Men­schen sind über­zeugt da­von, dass ein nach Feng Shui ge­plan­tes Haus der Fa­mi­lie zu mehr Glück, Ge­sund­heit und Wohl­stand ver­hilft.

Export der Lehren in den Westen

Au­ßer­halb Asi­ens sind Feng Shui Tra­di­tio­nen nicht zu­letzt durch die Öff­nung Chi­nas und die bes­se­re Zu­gäng­lich­keit von Ori­gi­nal­quel­len in den ver­gan­ge­nen Jah­ren im­mer po­pu­lä­rer ge­wor­den. Ähn­lich wie an­de­re Leh­ren, die im Reich der Mit­te über vie­le Jahr­hun­der­te hin­weg wei­ter­ge­ge­ben und ver­fei­nert wur­den, hat Feng Shui ein recht po­si­ti­ves Image. Vie­le Men­schen au­ßer­halb Chi­nas sind von der­ar­ti­gen Leh­ren, von Kampf­sport­ar­ten bis hin zur Tra­di­tio­nel­len Chi­ne­si­schen Me­di­zin, fas­zi­niert. Es gibt ins­be­son­de­re in West­eu­ro­pa aber auch vie­le Kri­ti­ker, die Feng Shui für Aber­glau­ben hal­ten, der sich nicht durch wis­sen­schaft­li­che Me­tho­den über­prü­fen lässt.
Wer sich ein Ur­teil über Feng Shui bil­den möch­te, soll­te je­doch zu­min­dest die Grund­la­gen die­ser Leh­re ken­nen, um sie be­wer­ten zu kön­nen. Al­ler­dings ist ein um­fas­sen­des Stu­di­um von Feng Shui sehr zeit­auf­wän­dig und zu­dem eng mit den kul­tu­rel­len und ge­schicht­li­chen Hin­ter­grün­den Chi­nas ver­knüpft. Im west­li­chen Kul­tur­raum ist die­ses Wis­sen noch nicht sehr weit ver­brei­tet. Da­her wird Feng Shui hier oft nur sehr ober­fläch­lich be­trach­tet und es kommt nicht sel­ten zu miss­ver­ständ­li­chen In­ter­pre­ta­tio­nen der tra­di­tio­nel­len Leh­ren.